
Die meisten Menschen werden bei dem Begriff »Pulp Fiction« an den gleichnamigen Film aus dem Jahr 1994 von Quentin Tarantino denken. Dass es sich dabei auch um einen umgangssprachlichen Begriff aus dem Englischen handelt, ist wahrscheinlich weniger bekannt. Auf Deutsch trifft es das schöne Wort »Groschenroman« am ehesten. Wobei sich »Pulp« auf eine billige Sorte Papier und »Fiction«, nun ja, auf Erfundenes bezieht. Es gab (und gibt) die unterschiedlichsten Genres in dieser Gattung. Ob erotisch angehauchter Roman, Kriminal- oder Gangsterstoff oder eben, wie hier zu sehen, Geschichten aus dem Wilden Westen. In Deutschland kommen die Hefte aus dem Bastei Lübbe Verlag ihren amerikanischen Schwestern und Brüdern im Geiste wohl am nächsten. Vielleicht ein Thema für einen zukünftigen Blogeintrag.
Von Ausstattung braucht man hier nicht zu sprechen. Wobei die abgebildeten Exemplare, die aus dem Antiquariat Orban & Streu in Frankfurt stammen, immerhin über einen roten Buchschnitt verfügen. Was bei Büchern dieser Art aber keine Seltenheit ist. Der oder die Illustratorin bleiben namenlos. Allerdings sind in den letzten Jahren eine ganze Reihe Bücher erschienen, die sich mit diesem Genre beschäftigen. Bei IDW Publishing ist 2017 »The Art of Pulp Fiction: An Illustrated History of Vintage Paperbacks« erschienen, welches ich als Standartwerk bezeichnen würde.
Auch bei Taschen ist unter dem Titel »Men’s Adventure Magazines« ein Buch zum Thema erschienen. Auch wenn es um »Herrenmagazine« der 1940er- und 1950er-Jahre geht, so haben beide die knallbunte und hysterische Ästhetik dieser Zeit gemeinsam. Auch wenn die Bücher Massenware waren, so sind nicht alle Künstler unbekannt geblieben. Auf der wunderbaren Website der »Mystery Tribune« finden sich 26 der besten Illustratoren dieser Zeit. Besonders hervorzuheben ist Robert McGinnis, der in Deutschland für Ullstein in der »Kriminalroman-Reihe« in den 1960er- und 1970er-Jahren Illustrationen beisteuerte. Einem breiteren Publikum bekannt geworden ist er durch seine Arbeit für die James-Bond-Filmposter zu »Thunderball«, »Leben und sterben lassen«, »Casino Royale«, »Der Mann mit dem goldenen Colt« und »Man lebt nur zweimal«. Seine Arbeiten wurden ausführlich in dem bei Titan Books erschienenen Buch »The Art of Robert McGinnis« auf 176 Seiten gefeiert. Anlässlich der Veröffentlichung des Buches gab es online auf Culturemag eine ausführliche Rezension des Buches von Alf Mayer.

Die deutsche Reihengestaltung verzichtete auf typografischen Schweinebauch und setzte stattdessen auf etwas in Richtung Helvetica.

Foto: ©Büro Ziegler


Foto: ©Büro Ziegler



Und damit schließt sich der Kreis, denn dieses Trash-Massenmarkt-Design war keineswegs auf Bücher beschränkt, sondern fand sich auch in anderen Bereichen der Pop-Pulp-Kultur, wie Plattencovern oder Filmpostern. Und genau da hat sich Tarantino wiederum bei seinen Filmpostern für »Inglourious Basterds« oder »Once Upon a Time in Hollywood«, inspirieren lassen.
Pulp Fiction 2.0.
Vor einiger Zeit bin ich über Chip Kidd gestolpert, »the reigning king of book-jacket design«, wie es im January Magazin heißt. Eigentlich ging es um James Ellroy, der demnach der »herrschende König der Kriminalliteratur« sein müsste, zumindest für mich. Kidd hat Buchcover für verschiedene Titel von Ellroy, unter Verwendung von Bildern eines Fotografens namens Thomas Allan, gestaltet . Das Ganze kann man in dem schönen Buch »Uncovered« bewundern.

Er selbst sagt :»In addition to being a photographer, I play talent scout, casting director, stage manager, lighting supervisor, and film editor«. Im Buch gibt es die »pulpiest of the Pulp paperbacks« zu sehen, die er dann wiederum in Collagen auf links dreht, um sie am Ende effektvoll in Szene zu setzen.

© 1997-2021, peter strempel


