Blutbuch

Ein Umschlag, der viel Raum für Assoziationen lässt: das Cover zu »Blutbuch« von Kim de l’Horizon. Abbildung: ©DuMont Buchverlag

»Ein gutes Cover muss nicht erklärend sein«

Wer sich für Neuerscheinungen interessiert oder die Buchmesse in Frankfurt verfolgt hat, dem müsste der Name Kim de l’Horizon ein Begriff sein. Mit »Blutbuch« hat er letztes Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen. Der dazugehörige Schutzumschlag stammt von der Gestalterin Steffi Naumann vom Designbüro Lübbeke Naumann Thoben. Mit ihr habe ich mich darüber unterhalten, wie sie sich der Gestaltung genähert hat und welche Rolle Kim de l’Horizon dabei spielte. Darüber hinaus geht es um Ausstattung, Knallfarben und die Frage »Grotesk oder nicht Grotesk?«

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Buchhändler Dennis Witton

»Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab«

Dennis Witton, Buchhändler und Inhaber der Buchhandlung »WortReich« erklärt, wieso er keine Bücher mehr einkauft, »deren Cover maximal austauschbar und null kreativ sind«. Ein Gespräch über Bestsellerlisten, Eskapismus und was die Dakota-Indianer mit Covern zu tun haben.

Herr Witton, Sie zitieren Anfang des Jahres online im »Börsenblatt« die Dakota mit den Worten: »Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab.« In dem Artikel beklagen Sie die Bücher, »deren Cover maximal austauschbar und null kreativ sind.« Nennen Sie uns doch mal Ross und Reiter, um beim Bild zu bleiben.

»Die toten Pferde sind ganz allgemein Cover, die sich ständig wiederholen und die nicht nur bei Leser:innen sondern auch im Buchhandel zu Ermüdungserscheinungen führen. Es türmen sich die toten Pferde stapelweise in den Buchhandlungen, weil der Glaube vorherrscht, dass sich Cover ähneln müssen, um die Zielgruppen zu erreichen und den Inhalt möglichst deutlich abzubilden. Beim Reiter handelt es sich um die Verlage, die diesen Mythos immer weitererzählen und damit dafür sorgen, dass es wenig Vielfalt gibt. Zum Glück gibt es aber auch löbliche Ausnahmen.«

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Hahne Hardcore

©Abbildung Verlag
»Ein außergewöhnliches Geschenk, mit dem man gerne gratuliert«.

»Seid Ihr noch bei Trost« oder »Schluss mit lustig«. Die Bücher von Peter Hahne zeichnen sich nicht nur durch griffige Titel aus, sondern wie im Fall des Geburtstagsbuches auch durch eine stilsichere Gestaltung. Hier harmonieren Inhalt und Verpackung perfekt – das krasse Gegenteil einer Text-Bild-Schere!

Und da es in der Rubrik »Ein Kessel Buntes« um Cover geht, die sich jeder Einordnung entziehen und gestalterische Grenzen sprengen, ist Peter Hahne hier genau richtig.

Allen, die heute Geburtstag haben, möchte ich daher mit dem Cover für »Das Geburtstagsbuch« von Peter Hahne eine ganz besondere Freude machen.

Ich will nun Schluss machen und lasse Sie mit diesem meisterhaften Zusammenspiel aus Form, Typografie und Farbe allein. Werfen Sie nochmal einen Blick auf das Cover und denken dabei an die nicht vorhandene Text-Bild- Schere. Zum Schluss lassen Sie sich weitere griffige Peter- Hahne-Titel auf der Zunge zergehen: »Das Maß ist voll«, »Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen« oder »Leid. Warum läßt Gott das zu?« Ja, warum eigentlich? Das fragen wir uns auch.

Lotus Eleven 313

Das Cover aus Originalblechen des Lotus Eleven.

»Am Ende gehts um die Story, nicht nur ums Blech«

Der 1957 Lotus Eleven Series 2 Le Mans,
Chassis Number: 313

Kein laminierter Pappband mit Schutzumschlag oder eine Broschur, sondern ein Buchdeckel aus zerkratztem Aluminium, einem Font, der an englische Nummernschilder erinnert und eine Bindung, die sich »Chicago Post Binding« nennt. So kommt das neueste Projekt von Alexander Kohnke, Buchdesigner und Künstler aus San Diego, daher. Wir kennen uns, seit wir gemeinsam am Art Center College of Design in Los Angeles studiert haben, und stehen seit dem in losem Kontakt. Auf Instagram bin ich auf das Buch aufmerksam geworden und freue mich nun mit Alex, über dieses fantastische Projekt sprechen zu können.

Gentlemen, start your engines!

Worum gehts beim Lotus Eleven 313?

»Unser Lotus Eleven ist ein englischer Sportwagen von 1957, von dem es heute nur noch ein paar Exemplare gibt. Der erste Lotus Eleven startete 1956 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Das Auto wurde von 1956 bis 1958 gebaut. 313 ist die Chassisnummer und in dem Buch geht es eben um diesen Wagen mit der Nummer 313, der 1957 gebaut wurde.«

Der Lotus Eleven in seiner ganzen Pracht.
U3 und die Bindung, bestehend aus einem Aluscharnier und Schrauben, die als »Chicago Post Binding« bekannt ist.
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U1, 2, 3 Los geht’s!

Zugegeben, Eichmann ist natürlich ein harter Einstieg, aber das Cover von Zeren Design aus Berlin ist einfach zu gut. Also macht »Das zweite Leben des Adolf Eichmann« von Ariel Magnus, im August 2021 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen, den Anfang. Das Cover auf dem Schutzumschlag arbeitet mit einer Doppelbelichtung anstatt, wie sonst bei historischen Themen oft üblich, mit einzelnen Fotos. Die Montage der Bilder innerhalb der Silhouette ist formal auf jeden Fall eleganter und hat das Cover für mich zum Hingucker gemacht. Darüber hinaus sind die Bilder von Eichmann entweder im Anschnitt oder unvollständig eingebaut. Der Mann, der seinerzeit über die Rattenlinie nach Südamerika geflohen ist und lange unerkannt in Argentinien gelebt hat, bleibt auch auf dem Cover nicht eindeutig erkennbar. Ein weiterer Pluspunkt für das Konzept der (uneindeutigen) Doppelbelichtung.

Dabei ist auch der Titel gepflegt positioniert. Noch ein bisschen Rot ins Bild gemischt, auf dem ansonsten in Grautönen gehaltenen Cover – fertig ist die Laube. Wenn man Erbsen zählen wollte, könnte man sagen, das Wort »Roman« hätte ein My nach rechts gekonnt und vielleicht der Autorenname eher nach oben…? Geschenkt!

Warum also ausgewählt? Weil es ein Hingucker ist und weil die Designerin hinter diesem Umschlag einfach geniale Cover gestaltet. Und, um ehrlich zu sein, auch ein bisschen, weil mich das Cover an die Titelsequenz der Serie »True Detectives« erinnert hat.

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Celestino Piatti »Alles, was ich male, hat Augen«,

Christoph Merian Verlag, dtv.

Ein wahres Prachtexemplar von Buch zum 100. Geburtstag von Celestino Piatti.

Mein erstes Piatti-Buch bekam ich geschenkt, und zwar das Songbook »Long live Rock« von den WHO. Auch wenn es sich dabei nicht wirklich um eine einen »100-prozentigen Piatti« handelte, da der Umschlag ohne die typische Illustration Piattis auskommen musste, waren mir die weißen dtv-Umschläge von diesem Tag an ein Begriff.  

Scheinbar fremdelte Piatti auch ein wenig. Die Erklärung dafür liefert Piatti in dem Buch selber, als er in einem Brief an den Verleger und geschäftsführenden Gesellschafter des dtv Heinz Friedrich schreibt: 

»Ich sende alle Unterlagen zurück mit der Begründung, dass ich nicht der richtige Mann für diesen Umschlag bin. Da könnte ein junger Rock-Pop-Grafiker mithelfen. Mein Vorschlag hat jedenfalls die Rock-Disko-Stimmung vermittelt, die jeden anfällt, der diese Lokale kennt.«

Und hier die U4 von unserem Prachtexemplar.

Wie kommt Piatti darauf, nicht der richtige Mann zu sein, der ein Buchumschlag gestalten könnte? Wenn man das wunderbar gestaltete Buch »Alles, was ich male, hat Augen«, welches zum 100. Geburtstag des Künstlers erschienen ist, einmal durch hat, besteht überhaupt kein Zweifel mehr an der außergewöhnlichen Begabung und dem Talent, das Piatti in seiner über 50 Jahre andauernden Karriere an den Tag legte.

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Ins Netz gegangen

Auf einer meiner letzten Recherchereisen wäre ich dem Web doch glatt ins Netz gegangen. Auf der Suche nach weiteren Informationen zum Thema Penguin Buchcover-Design bin ich über den Umschlag »Children & Hallucinogens« aus der Reihe »Penguins Guides« gestolpert. Eigentlich hätte ich schon beim Titel hellhörig werden müssen. Zumal im Untertitel »Die Zukunft der Disziplin« gepriesen wird.

Greifen Sie zum LSD, wenn die kleine Lea mal wieder beim Basteln Unfug macht.
Schonwaschgang oder gleich schleudern?
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Pulp Fiction: Von Groschenromanen und Herrenmagazinen

1 A Pulp Fiction. Null Ausstattung, billigstes Papier und »Gib’s ihm«-Typografie.

Die meisten Menschen werden bei dem Begriff »Pulp Fiction« an den gleichnamigen Film aus dem Jahr 1994 von Quentin Tarantino denken. Dass es sich dabei auch um einen umgangssprachlichen Begriff aus dem Englischen handelt, ist wahrscheinlich weniger bekannt. Auf Deutsch trifft es das schöne Wort »Groschenroman« am ehesten. Wobei sich »Pulp« auf eine billige Sorte Papier und »Fiction«, nun ja, auf Erfundenes bezieht. Es gab (und gibt) die unterschiedlichsten Genres in dieser Gattung. Ob erotisch angehauchter Roman, Kriminal- oder Gangsterstoff oder eben, wie hier zu sehen, Geschichten aus dem Wilden Westen. In Deutschland kommen die Hefte aus dem Bastei Lübbe Verlag ihren amerikanischen Schwestern und Brüdern im Geiste wohl am nächsten. Vielleicht ein Thema für einen zukünftigen Blogeintrag.

Von Ausstattung braucht man hier nicht zu sprechen. Wobei die abgebildeten Exemplare, die aus dem Antiquariat Orban & Streu in Frankfurt stammen, immerhin über einen roten Buchschnitt verfügen. Was bei Büchern dieser Art aber keine Seltenheit ist. Der oder die Illustratorin bleiben namenlos. Allerdings sind in den letzten Jahren eine ganze Reihe Bücher erschienen, die sich mit diesem Genre beschäftigen. Bei IDW Publishing ist 2017 »The Art of Pulp Fiction: An Illustrated History of Vintage Paperbacks« erschienen, welches ich als Standartwerk bezeichnen würde.

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»Ich habe den Begriff Cover noch nie benutzt.«

Ein Gespräch mit Michael Solder, Antiquar aus Münster.

Sabine Scho, Schriftstellerin, Lyrikerin und Künstlerin aus Berlin, und Michael Solder im Antiquariat Solder in Münster.

Mittlerweile hat das Zoommeeting den Kneipenbesuch als Ort des Kennenlernens und der ersten Begegnung ersetzt. Und so findet mein erstes Treffen mit Michael Solder an einem kalten Dezemberabend 149,2 Kilometer von einander entfernt vor dem Rechner statt. Zu allem Überfluss auch noch bei Kaffee statt Bier. Ich wollte von ihm erfahren, wie ein Antiquar auf Bücher im Allgemeinen und Buchcover im Speziellen blickt. Im Laufe des Gespräches hat er mir nicht nur die wunderbare Überschrift geliefert, sondern noch eine Reihe von interessanten Einblicken in die wunderbare Welt der alten Bücher un die Arbeit eines Antiquars beschert.

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